Das Fehlerteufelchen

Kennt ihr die kleinen Fehlerteufelchen? Sie sind überall, meistens da wo man sie nicht vermutet und sie spielen uns immer wieder Streiche. Aber nur ganz selten bekommt man eines von ihnen zu sehen, denn wenn das passiert, platzen sie mit einem lauten Plopp wie ein Luftballon, in den man eine Nadel sticht.

Neulich war die kleine Marie wieder einmal bei Oma zu Besuch. Oma hatte Marie einen Strickring geschenkt. Draußen regnete es und man konnte nicht spazieren gehen, deshalb saß Marie nach dem Mittagessen am Küchentisch mit dem grünen Strickring in der Hand. Sie wollte eine Mütze für ihre Puppe Lotte machen. Oma hatte Marie gezeigt, wie das geht und nun wickelte Marie den bunten Wollfaden um die Stifte herum und passte ganz genau auf, dass sie keinen ausließ. Denn dann hätte die Mütze später an der Stelle ein kleines Loch und das wollte Marie gar nicht. Marie wickelte also ganz aufmerksam den Wollfaden um jeden einzelnen Stift und als die erste Runde fertig war, noch eine zweite Runde. Denn wenn die auch fertig wäre, würde sie mit dem Strickhaken an jedem Stift den unteren Faden über den oberen heben und eine Masche würde entstehen. Und aus vielen Maschen und Reihen die hübsche Puppenmütze.

Draußen in Omas Garten hatte ein kleines Fehlerteufelchen unter dem alten Rosenbusch geschlafen und war gerade aufgewacht. Es war ganz nass vom Regen und schüttelte sich. Puh, sagte es, als ein dicker Regentropfen direkt auf seine Nase fiel und zerplatzte. Ich muss mir ein trockenes Plätzchen suchen.

Oma hatte die Terrassentüre offengelassen um zu lüften und als das kleine Fehlerteufelchen das entdeckte, dachte es: schnell dort hinein, da ist es warm und gemütlich. Es sah sich in Omas Wohnzimmer um und tappte dann vorsichtig in die Küche, weil es Oma und Marie darin reden hörte.

Fehlerteufelchen sind kaum größer als eine Kinderhand. Sie können ihre Farbe ändern und sich ihrer Umgebung perfekt anpassen. Manchmal sind sie gelb, blau oder rot und am liebsten regenbogenfarbig. Unseres war noch grün wie die Wiese draußen. Deswegen schüttelte es sich, drehte sich einmal im Kreis und schwupp war es hellbraun wie die Fliesen von Omas Küchenboden.

Das Fehlerteufelchen schaute sich neugierig um und entdeckte das bunte Wollknäuel unter dem Küchentisch, das immer hin und her rollte. Das gefiel ihm. Spielen, brabbelte es vor sich hin, ich will spielen. Und es hielt den Faden fest und ließ ihn wieder los und dann hüpfte es mitten auf das Wollknäuel, stampfte mit seinen winzigen Füßen ein Loch in die Mitte und setzte sich hinein. Nach einer Weile wurde es ihm langweilig und es kletterte am Wollfaden nach oben, setzte sich auf den Strickring und sah Marie beim Wickeln zu. Und dann, Marie war gerade mit der zweiten Runde fertig geworden und machte die erste Masche, da hatte das Fehlerteufelchen eine Idee.

Ich spiele dir gleich einen lustigen Streich,
einen lustigen Streich spiel ich dir gleich,

sang es und dann zog es einen Wickelfaden vom Stift und noch einen und lachte dabei so laut, dass es fast das Gleichgewicht verloren und vom Strickring heruntergefallen wäre.

Marie und Oma ahnten davon nichts. Marie hob gerade an einem Stift nach dem anderen mit einem Strickhaken den unteren Faden über den oberen. Masche für Masche entstand so und auf einmal stutzte sie. Oma, sagte sie, hier stimmt etwas nicht, schau mal.

Ja, sagte Oma, hier sind zwei Stifte, auf denen du nur einmal gewickelt hast, da hast du etwas falsch gemacht.

Nein Oma, widersprach Marie, ich habe genau aufgepasst, alles war richtig.

Das kleine Fehlerteufelchen hörte ganz genau, was Marie sagte und es schlug sich auf die Schenkel und seine Augen leuchteten rot vor Schadenfreude. Schabernack, Schabernack, kicherte es.

Jetzt müssen wir ein Stück aufmachen und die Sache in Ordnung bringen, sagte Oma.

Ich verstehe nicht, wie das passieren konnte, meinte Marie.

Oma seufzte. Sei nicht traurig, wir reparieren das gleich. Da war sicher ein kleines Fehlerteufelchen am Werk. Das soll sich nur nicht von uns erwischen lassen.

Ja, sagte Marie, wir fangen es und dann setze ich es in einen Karton mit Löchern im Deckel und es kann mir keine Streiche mehr spielen.

Genau so machen wir das, lachte Oma.

Als das Fehlerteufelchen das hörte, sprang es schnell vom Strickring herunter und hangelte sich am Wollfaden nach unten.

Hier wird es mir zu gefährlich, maulte es erschrocken. Einsperren in einen Karton, wo es dunkel ist und ich nie mehr raus kann. Das könnte den beiden Menschen so passen. Nicht mit mir.

Und es rannte so schnell es konnte aus der Küche und durch die offene Terrassentür hinaus in den Regen.


Das Fehlerteufelchen - gemalt von Marie

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Petra Koch 11/2013

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