Übergang

Nacht ist es und doch auch Tag. Still ist es und doch dröhnt in meinen Adern das Blut, pulst der Motor des Lebens auf der Suche nach neuen Wegen, den schwindenden Lebensfunken erneut fassbar, greifbar zu machen, da die alten Wege verschlossen sind, die Pfade weggebrochen in einem einzigen Augenblick. Ich versuche einen Halt zu finden in der Haltlosigkeit meines Traumes, der kein Traum ist sondern dumpfe Wirklichkeit.

Ein Impuls von außen, ein leichtes Schimmern von Licht, ein laut gesprochenes Wort, durchbricht für Sekunden die Stille, durchbricht die Dunkelheit und lässt mich hoffen, doch gleich naht wieder die Nacht, die den Tag verschlingt. Ich kämpfe. Kämpfe einen vergeblichen Kampf gegen den Schmerz, der hinter der Dunkelheit liegt und sehne mich nach der Leichtigkeit, die über allem Schmerz in meinem Herzen wächst und wächst und die mich forttragen will. Wäre da nicht das Wissen, das Fühlen, das ich lange gekannt und das mir vertrauter ist als jener diffuse Traumzustand in dem eine Stimme flüstert: Folge mir, ich könnte die Grenze überschreiten, die mich von meiner Körperlichkeit trennt. Wäre da nicht das Klicken der Instrumente, die mich wie Ketten fesseln und zurückzerren ins verlorene Hier und Jetzt. Ich kann nicht zurückkehren ins bewusste Leben, denn da sind Mauern, Mauern aus Dunkelheit, Schmerz und Leere, die meine Schritte behindern.

Ich versuche die Welt zu erkennen, die hinter der Dunkelheit liegt, versuche die Bilder in Worte zu fassen und so dem Tag ein Stück näher zu kommen, doch meine eigene Stimme gehorcht nicht mehr und alle Worte zerfließen im Nichts.

Ich schwebe. Schwebe gleichsam über einem Meer von Nebeln, suchend nach etwas Bekanntem, Vertrautem, das mir den Weg weisen kann. Doch finde ich nirgends Halt. Meine eigene Leichtigkeit treibt mich fort und fort, hin in die Arme dessen, das da flüstert: Folge mir. Ich werde ihm folgen, wenn es mir nicht gelingt, den Weg ins Diesseits zurückzufinden. Werde ihm folgen, wenn das leise Klicken der Maschinen endet, das stete Tröpfeln der Infusionen in meinen Adern. Ich werde der lockenden Stimme folgen, da es mir nicht gelingt, in diesem Spiel von Nacht und Tag, Traum und Wirklichkeit eine klare Struktur zu finden, einen Bezugspunkt, der das Tor öffnet aus dem Niemandsland zurück ins Leben.

Ein Grenzgänger bin ich geworden, einer der seinen Weg verloren hat. Wohin werde ich wandern? Zurück in das vertraute Leben oder in jenes Land jenseits der Zeit, das mir der leise Klang des Folge mir lockend verheißen will?
Bald werde ich es wissen.

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Petra Koch 6.3.2002

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